Vor 10 Jahren – Ein Bild schreibt Neckarsulmer Vereins-Geschichte

Thomas Habel – Mit Höllenschmerzen in den Derbyhimmel

Auf den Tag genau vor zehn Jahren schreibt ein Bild Neckarsulmer Vereinsgeschichte. Es zeigt unseren Keeper Thomas Habel, vor Schmerzen und mit bandagiertem Knie am Pfosten kauernd, der von unseren Doc Boris Brandt behandelt wird. Im nachfolgenden Artikel erzählen wir die Geschichte hinter diesem eindrucksvollen Bild.

Drehen wir das Rad der Zeit also um zehn Jahre zurück, wir schreiben die Landesliga-Saison 2010/11. Am 09.09.2010 stand das große Unterländer Derby auf dem Spielplan. Neckarsulmer Sport-Union gegen den FC Heilbronn – das Spiel, das die Sport-Region damals elektrisierte. Fast 1000 Zuschauer wohnten dem Spiel bei.

Für unsere Sport-Union standen u.a. Sinan Andic, Tobias Weinreuter, Dennis Ruiz-Maile, Alessandro Reinecke, Ralf Schmid und Florian Rücker auf dem Feld, unser Trainer hieß Timo Böttjer. Doch der Akteur, der an jenem Tag eine Neckarsulmer Heroren-Geschichte schrieb war ein anderer: Torhüter Thomas Habel trotzte gegen den FCH 75 Minuten lang einer schweren Knie-Verletzung. Unser Goalie litt unter massiven Schmerzen, um dann letztendlich sogar den Neckarsulmer Sieg zu retten.

Doch beginnen wir ganz vorne. Als an jenem Sonntag um 11:00 der Anpfiff ertönte, dauerte es exakt 15 Minuten, bis es passierte: NSU-Keeper Thomas Habel beschreibt die Szene wie folgt: „Von halbrechts segelte ein Freistoß in den Strafraum. Ich lief raus, pflückte das Ding weg und plötzlich lief ein Gegenspieler mit vollem Tempo gegen mein Knie.“

Es folgte eine minutenlange Behandlung des Neckarsulmer Goalies. „Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmeres passiert ist, solche Schmerzen waren mir beim Fußball bisher fremd“, so Thomas Habel. In der Tat, die Verletzung sollte sich später als Innenbandriss herausstellen. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, damit noch auf dem Feld zu bleiben. „OK, das wars, Du gehst sofort raus“, sagte Dr. Boris Brand zum schwer verletzten Goalie. Doch für Thomas Habel war Auswechseln keine Option. „Das liegt nicht in meinem Naturell. Wir hatten in diesem Spiel ja zudem die schräge Konstellation, dass nur noch Jürgen Feil, der Trainer unserer zweiten Mannschaft, als Ersatzkeeper auf der Bank saß. Mir war also sofort klar, ich musste auf die Zähne beißen und durchhalten.“

In der restlichen Spielzeit sah man Thomas Habel immer wieder am Pfosten kauern.  Das quälend verzerrte Gesicht unseres Keepers sprach Bände, war Zeugnis der unbändigen Schmerzen, die Thomas ertragen musste. Torabschläge waren nicht mehr möglich, die übernahm fortan Tobi Weinreuter.

In der 67. Minute fiel dann endlich das erlösende 1:0 für die Sport-Union durch Stürmerlegende Sinan Andic. „Das war auch für mich Freude pur“. Thomas Habel feierte den Treffer mit einer geballten Faust, um sofort erneut auf die Knie zu sinken. Die Schmerzen waren höllisch, immer wieder musste er von Mannschafts-Doc Boris Brand behandelt werden. Dieser kehrte irgendwann gar nicht mehr auf die Bank zurück, sondern postierte sich nun permanent hinter unserem Gehäuse.

Dann kam die Nachspielzeit und Thomas Habel wurde endgültig zum Helden. Ein letzter Eckball flog in den Neckarsulmer Strafraum. Der Heilbronner Tim Holzwarth kam aus fünf Metern frei zum Kopfball, traf den Ball perfekt gegen die Laufrichtung unseres Keepers und die Heilbronner Fans rissen bereits die Hände zum Jubel in die Höhe. Doch Thomas Habel sprang in unfassbarer Explosivität ab, hechtete ins bedrohte linke Eck und lenkte das Leder um den Pfosten. Was für eine Parade, was für eine Reaktion. Ein Monstersave! Sofort bildete sich eine Jubeltraube um unsere Nummer 1. Thomas Habel hatte uns den prestigeträchtigen Derby-Sieg gerettet – und das mit einem Bänderriss!

Es gibt wirklich Geschichten, die nur der Fußball schreiben kann.  „Das ist unerklärlich. Vielleicht hätte ich das Ding unverletzt gar nicht gehalten. Ich dachte mir nur noch, den Ball darfst Du nicht reinlassen. Das Adrenalin im Blut war dann wohl so hoch dosiert, dass ich die Schmerzen nicht mehr gespürt habe. Das war sicher einer meiner besten Paraden überhaupt“, schmunzelt Thomas Habel.

Der schwer gezeichnete Goalie war anschließend kaum in der Lage aufzustehen. Die Schmerzen steigerten sich ins Unermessliche. Es folgte der Abpfiff. Während unser Spieler den Derby-Sieg ausgelassen feierten, lag Thomas Habel einfach nur da, erschöpft, von den Schmerzen gezeichnet, komplett leer.

Jedem war klar: Es war vor allem auch der Sieg von Thomas Habel: „Als das Tape ab war, war mein Knie blau, rot und doppelt so dick. Die drei Punkte haben mir die anschließende Fahrt ins Krankenhaus aber versüßt.“

 

Anmerkung: Die Statements von Thomas Habel stammen aus dem Jahr 2015