Oberliga-Saison 2020/21 hat ein gerichtliches Nachspiel

10 Tage sind inzwischen seit der Entscheidung der Regionalliga Südwest vergangen, keine Aufsteiger aus der Oberliga zuzulassen. Im selben Zuge teilte die Spielkommission der Oberliga Baden-Württemberg mit, dass die abgelaufene Saison 20/21 annulliert und somit ohne Auf- und Absteiger gewertet wird. (wir berichteten)

Im Nachgang wurde es allgemein befürchtet – inzwischen ist es Gewissheit: Die getroffene Regelung hat ein Nachspiel vor Gericht. Am gestrigen Abend verkündete der Oberliga-Zweite Stuttgarter Kickers, dass man beim Landgericht Stuttgart entsprechende Anträge auf den Erlass einstweiliger Verfügungen gegen die Nichtwertung der Spielzeit eingereicht habe.

Kickers-Sportdirektor Lutz Siebrecht sagt auf der Vereins-Homepage, dass derzeit durch die Impfungen und durch die sinkenden Inzidenzzahlen ohnehin allerorts eher eine Aufbruchstimmung spürbar sei, Biergärten werden geöffnet – da hätte man auch die Zeit finden können, die noch ausstehenden Spiele der Vorrunde und die Relegationsspiele auszutragen.

Nun droht stattdessen ein komplexer Gerichts-Marathon, mit womöglich weitreichenden Ausmaßen. Da die Kickers nämlich nicht für den direkten Aufstieg in Frage kommen, sondern zunächst noch den Umweg einer Relegation gehen müssten, würde ein eventuelles positives Gerichtsurteil auch die Oberliga Hessen und Rheinland-Pfalz/Saar betreffen. Gegen deren Tabellenzweiten müssten sich die Kickers zunächst durchsetzen. Tabellenführer SGV Freiberg, der Kandidat für den direkten Aufstieg in die Regionalliga, hat indes noch keinen Gang vor Gericht verkündet, prüft diese Variante jedoch.

Indes schrieb die Stuttgarter Zeitung vor einigen Tagen, dass der Klageweg in die Regionalliga wohl eher weniger Aussicht auf Erfolg habe: „Ernsthafte Aussicht auf Erfolg gibt es im Normalfall nur bei willkürlichen Entscheidungen, die jeden Sachbezug vermissen lassen, bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern oder bei Nichtanhörung von Beteiligten. Für all das bietet der betreffende Fall, laut Experteneinschätzung, keine Angriffsfläche.“ Zudem seien in die Entscheidung der Regional- und Oberliga anerkannte Rechtsexperten eingebunden gewesen, die in der getroffenen Regelung keine juristische Angreifbarkeit sehen.

Dies allerdings hält die Stuttgarter Kickers nicht von einer Klage ab. Man kann als Fußball-Fan auch absolut Verständnis für das Ansinnen der Blauen –immerhin ein ehemaliger Bundesligist- haben, schnellstmöglich in die Regionalliga aufzusteigen. Dennoch kann eine Saison mit 13 absolvierten Saisonspielen (Oberliga) sportlich kaum mit einer kompletten Spielzeit mit 42 Partien (Regionalliga) gleichgesetzt werden. Auch nicht durch die einschränkende Formulierung in den Statuten, dass für eine Saisonwertung “in der Regel” mindestens 50 Prozent der Spiele absolviert werden muss.

Nichtsdestotrotz droht nun ein Gerichts-Marathon, den eigentlich niemand wollte. Die beteiligten Vereine, die Oberliga und die Regionalliga treiben weiterhin auf dem Ozean der Ungewissheit. Es ist eine Hängepartie, die sich wohl noch einige Zeit hinziehen wird.

 

Wie sieht es im den anderen beiden Oberligen aus?

Wie komplex der Sachverhalt ist, zeigt sich alleine daran, dass teilweise auch betroffene Vereine der anderen beiden Oberligen rechtliche Schritte eingeleitet haben – allerdings nicht in Form einer Sammelklage, sondern jeder einzeln für sich.

So hat der Tabellenführer der Oberliga Hessen SG Barockstadt vorgestern ebenfalls den Gang vor ein Gericht angekündigt. Dem Tabellenzweiten SC Hessen Dreieich hingegen werden bislang keine Ambitionen für einen Rechtsstreit um die Relegations-Absolvierung nachgesagt.

Große Diskussionen um das Thema gab und gibt es auch in der Oberliga Rheinland Pfalz/Saar. Tabellenführer Eintracht Trier hat am vergangenen Donnerstag das Berufungsgericht der Regionalliga Südwest angerufen und geht ebenfalls gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung vor, keine Aufsteiger zuzulassen. Der Verein sähe diese Entscheidung als nicht anwendbar und unwirksam an.

Der Tabellenzweite Wormatia Worms hat den Weg vor Gericht hingegen noch nicht bestätigt, prüft diesen aber wohl weiterhin.