3:1-Sieg gegen Reutlingen: Die Nackenschlag-Wegstecker vom Pichterich
Man übertreibt nicht, wenn man den gestrigen 3:1-Sieg unseres Oberliga-Teams als denkwürdig bezeichnet. Die Begegnung war ein Paradebeispiel, wie man mit Mentalität und Siegeswillen ein eigentlich verlorenes Spiel noch dreht – und das in 70-minütiger Unterzahl. So war auch NSU-Coach Marcel Busch voll des Lobes über seine Mannschaft: „Was wir da heute rausgehauen haben, da kann ich zu meiner Mannschaft nur sagen, Hut ab!“
In der Tat, bis seine Spieler nach 93 hochklassigen Oberliga-Minuten endlich jubeln durften, stand zunächst einmal der Schmerz. Die Sport-Union erwies sich dabei aber als wahrer Meister im Wegstecken heftiger Nackenschläge. „Über fehlende Mentalität müssen wir heute nicht sprechen“, sagte Abwehrakteur Marius Klotz schmunzelnd.
Nach tollem Beginn und einigen gelungenen Offensivaktionen startete die Neckarsulmer Achterbahnfahrt gegen Reutlingen in der 19. Minute. Nach einem leichten Zupfer von Innenverteidiger Tobias Fausel als letzter Mann, zückte der Unparteiische Philipp Schlegel die rote Karte. Eine harte, aber insgesamt vertretbare Entscheidung des Referees.
Der nächste Nackenschlag für die bis dahin bravourös verteidigende Pichterich-Elf folgte in Minute 48. Nach einer Ballverlagerung von Pierre Eiberger und folgender Hereingabe von Dennis Lübke vollendete in der Mitte Willie Sauerborn zum 0:1 für die Gäste aus Reutlingen. Ein Schockmoment für die NSU, die nach Wiederanpfiff selbst zwei gute Aktionen für sich verzeichnen konnte. „Du liegst 1:0 hinten, bist nur noch zehn, da ist es oft so, dass Du als Team zusammenbrichst“, befürchtete Marcel Busch. Doch seine Elf zeigte gegen keineswegs enttäuschende Reutlinger eine andere Reaktion… eine ganz andere Reaktion.
Zu diesem Zeitpunkt war auch der zweite Neckarsulmer Innenverteidiger Marc Mägerle bereits nicht mehr auf dem Feld, verletzungsbedingt kam zur zweiten Hälfte Marius Klotz in die Partie. Dann die 59. Minute: Der starke Philipp Seybold setzte sich auf der linken Angriffseite durch, seine flache Hereingabe fand zentimetergenau Pasqual Pander und der Neckarsulmer Torjäger vollendete zum umjubelten 1:1-Ausgleich.
In einer atemberaubenden Begegnung ging es weiter rauf und runter. In der 64. Minute setzte sich nach feinem Doppelpass Jonas Preuss durch doch der Reutlinger Neuzugang zielte am linken Fünfmeterraum-Eck minimal zu hoch. Durchatmen bei der NSU.
Fünf Minuten später erkämpfte sich Philipp Seybold in der eigenen Hälfte den Ball, setzte sich abermals grandios durch und hatte noch das Auge für den mitgelaufenen Pasqual Pander, der das Leder halbhoch ins rechte Eck einnetzte. 2:1 für die NSU, was war denn hier los?
Es war ein Wirkungstreffer für die spielstarken Reutlinger, die sichtlich die Schultern hängen ließen. Die NSU war nun nicht mehr aufzuhalten, setzte Konter mit Ballstafetten wie an der Schnur gezogen. So auch nur wenige Minuten nach dem Führungstreffer. David Gotovac bereitete selbst vor, diesmal legte „Doppelpack-Pander“ auf und Goto vollendete vom Elfmeterpunkt zum 3:1 (69.). Die Tormusik „United“ von Judas Priest hämmerte durch das leere Pichterich-Rund und der Titel hätte nicht besser passen können. „Gemeinsam“ und „vereint“ hatte es die NSU in Unterzahl geschafft, das Spiel zu drehen. Wahnsinn. „Da hat man gesehen was für eine Moral wir im Team haben“, sagte ein komplett verausgabter Torjäger Pasqual Pander nach dem Abpfiff. „Dass wir solch eine Geschichte wie heute schreiben, noch dazu gegen eine Mannschaft wie Reutlingen, das ist wirklich unbeschreiblich.“
Cheftrainer Marcel Busch allerdings erwies sich, bei allem berechtigten Lob für seine Mannschaft auch als kleiner Partycrasher: „Auch wenn das heute wirklich ein toller Sieg war, sind wir erst am dritten Spieltag angelangt. Die volle Fokussierung gilt nun dem Spiel am Samstag in Sandhausen.“
Recht hat er, keine Frage, dennoch war die Freude nach einem ganz besonderen Sieg am Mittwochabend im Pichterichstadion geradezu greifbar.
NSU: Susser, Romano, Fausel, Mägerle (46. Klotz), Seybold, S. Neupert, Müller, Schorn (24. Gotovac), Gebert (77. Stadler), Bellanave (61. Eitelwein), Pander